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Methodistenkirche in Chile unterstützt Verfassungsreform

18. November 2020

Am 25. Oktober hat eine Mehrheit der Bevölkerung von Chile in einem Referendum für eine Verfassungsreform gestimmt. Diese soll den Weg frei machen für tiefgreifende soziale Reformen, die von vielen vehement eingefordert werden. Wie stellt sich die Methodistenkirche in Chile zu den aktuellen politischen Prozessen?

Eine grosse und ständig wachsende Ungleichheit innerhalb der chilenischen Gesellschaft und die stark ungenügenden sozialen Dienstleitungen haben seit Oktober 2019 zu teils gewaltsamen landesweiten Protesten und Demonstrationen geführt, wie sie Chile noch nie erlebt hat.

Gegen jegliche Form von Gewalt

Die Methodistenkirche in Chile hat im Oktober 2019 rasch mit einem Hirtenbrief reagiert. Sie hält darin fest, dass sie Gewalt – egal von welcher Seite sie ausgeübt wird – verurteilt und Gewalt für sie nicht der richtige Weg ist. Gleichzeitig betonte Bischof Jorge Merino Riffo, dass auch bestehende ungerechte Strukturen eine Form von Gewalt seien. Er hielt fest, dass sich die Methodistenkirche, zusammen mit anderen Kirchen und Gemeinschaften, für die dringend nötigen Reformen einsetzen und so einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft leisten will.

Hoffnung auf Stärkung der Grundrechte

Eine der Grundforderungen der Proteste war, dass die aktuell gültige Verfassung von 1980 aus der Zeit der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet ersetzt werden soll. Mit der neuen Verfassung soll die soziale Rolle des Staates gestärkt und die Grundrechte auf Arbeit, Gesundheitsversorgung, Bildung und Trinkwasser sollen aufgenommen werden. Auch sollen die Rechte der indigenen Völker anerkannt werden. Ursprünglich war das Referendum schon für April geplant gewesen, doch es musste wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Bei dem Referendum wurde auch entschieden, dass diejenigen Personen, die den neuen Text ausarbeiten werden, eigens dafür gewählt werden und nicht zur Hälfte aus Personen aus dem Parlament bestehen sollen. Die im April zu wählenden Delegierten sollen zur Hälfe Frauen und zur Hälfte Männer sein.

Arme, Witwen, Waisen, Fremde

Jaime Medina Cárdenas ist in der Methodistenkirche von Chile Ansprechperson für Menschenrechtsfragen. Für ihn ist es ein sehr wichtiges Zeichen, dass unzählige Menschen ihre politische Verantwortung wahrgenommen haben. Er erhofft sich, dass neue Grundlinien ausgearbeitet werden können, die zu einer Gesellschaft führen, in der es mehr Gerechtigkeit, Inklusion und Solidarität gibt und dass der Staat eine Rolle wahrnimmt, die solidarisch und zum Wohl aller ist. Da die Delegierten vom Volk gewählt werden sollen, sei es wichtig, Zeit zu haben, um in den Kirchen, in Quartiervereinen und Gemeinderäten zu debattieren. Die Kirche könne in dieser Herausforderung vorangehen, dürfe sich nicht instrumentalisieren lassen und solle ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. «Die evangelische Kirche soll immer an den Armen, die Witwe, die Waise und den Fremden denken, gemäss ethischem und prophetischem biblischem Handeln», sagt Jaime Medina Cárdenas.

Ein bewohnbares Land aufbauen

Die Kirche müsse aller Diskriminierung widerstehen, die sie von der Liebe und der Absicht Gottes trennt, und dafür arbeiten, eine solidarischere Gesellschaft aufzubauen. Jaime Medina Cárdenas ist überzeugt: «Wenn wir alle der Gewalt und ihren Ursachen widerstehen – dann werden wir ein bewohnbares Land aufbauen, in dem alle in Frieden leben und ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen können, wie es diese neue Zeit von uns verlangt. Möge Gott uns helfen und uns Weisheit geben, uns für eine gerechtere Welt einzusetzen.»

Text: Nicole Gutknecht // Bild: Jaime Medina Cárdenas